Glitzernde Kulturmetropole am Golf: Abu Dhabi spielt inzwischen ganz oben mit, wenn es um große Kunst geht. Und auf außergewöhnliche Erlebnisse versteht man sich dort sowieso. Ein Ortstermin zwischen Meer, Strand, Museen und Wüste
Der Louvre hat das Wüstenemirat Abu Dhabi auf die Weltkarte der großen Kulturmetrolen katapultiert. und das ist nur der Anfang
Abu Dhabi: In weniger als der Spanne eines Menschenlebens ist aus einem Dorf mit einer Lehmfestung am Meer eine Weltstadt geworden. Mit Golfplätzen, wo Wüste war – und wo heute arabische Gazellen zwischen den Abschlägen über das satte Grün staksen. Mit Hoteltürmen, Business-Wolkenkratzern, Palästen und Pool-Villen. Mit einer der größten Moscheen der Welt. Mit Mega-Einkaufszentren, Freizeitparks, einer Formel-1-Rennstrecke. Und mit kilometerlangen Dünenstränden und Luxusresorts. Zur Widersprüchlichkeit und zur Faszination dieser Stadt gehört, dass mancherorts die Strandhotels zur Brutzeit der Karettschildkröten die Lichter der Außenbeleuchtung dimmen und die Musik der Beach Bars ausschalten. Warum? Damit die Tiere wie seit Jahrmillionen ungestört und von geheimnisvollen Kräften gelenkt an die Stätten ihrer eigenen Geburt zurückkehren und dort im Sand vor allem von Saadiyat ihre Eier ablegen können. Etliche der Resorts dort engagieren sich aktiv im Schildkrötenschutz, binden Gäste in entsprechende Programme ein, machen so auch aus dem Naturschutz ein Erlebnis.
Formel 1 oder lieber eine runde Fahrrad? Auf dem Rennparcours von Yas Island ist beides möglich
So rasant Abu Dhabi gewachsen ist, so stark fühlen sich die Einheimischen der Vergangenheit verbunden. Der Wüste, den Oasen tief im Hinterland, ihren Traditionen, der Gastfreundschaft, ihrer Musik. Ihrer Kultur eben. Wahrscheinlich lag es deshalb nahe, das neue Abu Dhabi auch als glitzernde Kulturmetropole zu entwerfen: Unter und neben die Kuppel des Louvre hat Jean Nouvel 55 schneeweiße Quader platziert, in denen die Kunstwerke ausgestellt sind. Und auch sonst rührt sich gerade einiges in der Nachbarschaft.
Denn noch im Laufe des Jahres 2025 soll das Guggenheim Abu Dhabi fertiggestellt werden. Und zwar nach einem spektakulären Entwurf von Frank Gehry. Ebenso das Zayed National Museum nach Plänen von Norman Foster. Im Masterplan zur weiteren Entwicklung Abu Dhabis fällt der über Brücken angebundenen Halbinsel Saadiyat die Rolle des neuen Kulturviertels zu – abgerundet durch Bühnen und weitere Museen. Gleichzeitig haben die Museen auch Einfluss auf Abu Dhabi-Stadt, wo es inzwischen Galerien gibt und Ausstellungsflächen auch für alternative Kunst und insbesondere für lokale Künstlerinnen und Künstler. Der Louvre hat dafür so etwas wie die Initialzündung geliefert.
Was außerdem glitzert? Der helle Sand all der Strände natürlich, fast weiß ist er, heller noch als die Wüste. Und es glitzert das in den Emiraten als Statussymbol so geschätzte Gold: Im legendären Emirates Palace sind die Säulen in der Lobby mit Blattgold belegt – und in den größten Suiten dort wurden massivgoldene Waschbecken montiert, die das Housekeeping jeden Morgen immer wieder auf Hochglanz poliert.
Es leuchten die Auslagen in den Schaufenstern der Luxusgeschäfte. Und es glitzern die Lichter dieser Stadt mit all den Türmen, die in so kurzer Zeit aus dem Wüstensand gesprossen sind. Den schönsten Blick darauf gibt es als Zugabe zu Live-Musik, Kanapees und Cocktails beim Sundowner auf der Hubschrauberplattform des St. Regis Abu Dhabi an der Corniche. Außerhalb der Hochsommermonate wird dort fast jeden Samstag gefeiert. Was genau? Na, das Leben! Die Tatsache, dabei sein zu können. Und sicher auch, dass all das im neuen Abu Dhabi möglich ist. Frühmorgens oder am Abend strahlen auch noch andere Lichter: die der Flutlichtmasten entlang der Formel-1-Rennstrecke auf Yas
Island. Und die Scheinwerfer Hunderter Fahrräder.
Denn an manchen Tagen ab sechs Uhr früh – an anderen ab 18 Uhr abends – hat der 5,55 Kilometer lange Rennparcours für Radler und Joggerinnen geöffnet. Mehr als ein Wettkampf ist das ein Happening, eine entspannte Freizeitveranstaltung. Manche sind mit dem Rennrad unterwegs, viele mit ganz normalen Drahteseln. Wer auf Urlaub da ist, leiht sich an der Piste für wenig Geld ein Rad aus, erlebt den Sonnenaufgang auf der Rennstrecke oder rollt durch die mildere Abendluft. Tagsüber haben dann wieder hochtourige Motoren den Vorrang. Da vertreibt man sich die Zeit eben mit einem Meerblick-Frühstück im Resort, ein paar Schwimmzügen im Golf. Und vielleicht mit einem Besuch bei Picasso, Gauguin und Mondrian. Helge Sobik